«40 Mio. Euro und keinen Cent weniger»: Zwei Meinungen zur Jashari-Transfersaga
Eigentlich ist die Ausgangslage klar: Die AC Milan möchte Ardon Jashari (23) verpflichten und der junge Schweizer möchte zu den Rossoneri. Wer nicht will, ist Jasharis aktueller Verein Club Brügge, der seit Wochen auf seiner Forderung von 40 Mio. Euro beharrt. Macht das Sinn? Unsere Redaktoren Andy Maschek und Patrick Y. Fischer sind sich nicht einig.
Andy Maschek sagt: Ja
Wir wissen es: Im Fussball sind Verträge oftmals nicht viel mehr als ein Stück Papier und dazu da, um gebrochen zu werden. Dass ein Klub einen Spieler langfristig an sich bindet, hat oftmals oder vielfach wirtschaftliche Hintergründe. Wenn er aus einem laufenden Vertrag heraus wechseln will, steigt die Ablösesumme, und dies nicht selten in fast schwindelerregende Sphären.
So ist es bei Ardon Jashari, so ist es bei Nick Woltemade. Zwei Spieler, die ihren Arbeitgeber verlassen wollen, der eine (Jashari) von Brügge zu Milan, der andere (Woltemade) von Stuttgart zu den Bayern. Mit ihren potenziell neuen Klubs sind sie sich längst einig und lassen das auch die ganze Welt wissen, gleichzeitig stellen sich ihre aktuellen Arbeitgeber quer. Es sind Millionenpoker, bei der keiner Schwächen zeigen will.
Bleiben wir bei Jashari. Ein junger, äusserst talentierter Spieler, dessen Abgang Brügge mit mindestens 40 Millionen Euro entschädigt haben will. Die von Milan gebotenen 38 Millionen sind den Belgiern zu wenig. Es ist ihr Recht, in diesem Millionenkampf die Muskeln spielen zu lassen. Erst im Januar haben sie mit dem Schweizer bis 2029 verlängert und dem Mittelfeldspieler die Unterschrift ganz sicher auch mit einer fetten Lohnerhöhung versüsst.
So sind sie nun in der Position der Stärke. Fordern eine horrende Ablösesumme und lassen sich nicht abspeisen. Sie werden wohl darauf setzen, dass ihnen Jashari in der Champions League-Qualifikation eine grosse Hilfe ist und mit ihm der Griff in die ganz fetten Millionentöpfe gelingt. Oder dass sich ein potenterer Klub als Milan in den Poker einschaltet, im Idealfall ein Verein aus der Premier League, und die Ablösesumme noch weiter steigt. Denn noch ist das Transferfenster ja offen.
Der Poker kann durchaus Sinn machen, ist aber auch ein Risiko. Was, wenn sich Jashari verletzt? Was, wenn er in der neuen Saison schnell in eine Baisse kommt und sein Marktwert rapide sinkt? Was, wenn Milan und andere Klubs zum Schluss kommen, dass der Schweizer doch nicht so wertvoll ist? Es sind Szenarien, welche die Belgier wohl in ihre Kalkulationen einbezogen haben – und dennoch haben sie zumindest momentan noch lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach.
Der Poker sorgt für Spannung, ist aber nicht nur für Brügge, sondern auch für Jashari nicht ungefährlich. Wenn er nun wütend sagt «Ich spiele hier nicht mehr», ist es eine Drohung, die zu einem Bumerang werden kann. Zu streiken, zu schmolle oder sich lautstark zu beklagen ist ein Zeichen der Schwäche und deutet darauf hin, dass Loyalität kein zentraler Wert ist. Und das kann auch einem Interessenten oder potenziellen neuen Klub zu denken geben – spielerische Qualität hin oder her. Denn am Ende spielt auch der Charakter mit.
Patrick Y. Fischer sagt: Nein
Dieses Bonmot macht immer mal wieder die Runde: Wie kann man im Fussball rasch ein kleines Vermögen verdienen? In dem man mit einem grossen Vermögen anfängt. Oder aber, man macht es wie der FC «Club» Brügge, der sich seit Wochen weigert, seinen wertvollsten Spieler an die AC Milan abzugeben. 40 Mio. Euro will der belgische Cupsieger, bis zu 38 Mio. Euro haben die Italiener für Jashari bislang geboten. Doch das genügt «Blau-Zwart» nicht. Sehr zum Ärger von Ardon Jashari.
Denn Brügge hatte den Zentralschweizer vor rund einem Jahr für 6 Mio. Euro vom FC Luzern übernommen, es winkt also ein saftiger Transferüberschuss. Zudem hatte der Schweizer während der Saison - und trotz eines sich am Horizont bereits abzeichnenden Transfers – eingewilligt, seinen Vertag mit dem 19-fachen belgischen Meister vorzeitig bis 2029 zu verlängern. Doch nun hat der «Club» offensichtlich Blut geleckt und rechnet damit, dass sich das Werben um das Mittelfeld-Juwel, das in der letzten Saison zum besten Spieler der Jupiler Pro League gewählt wurde, in den kommenden Wochen weiter intensivieren wird. Jashari und seine Interessen scheinen da maximal noch peripher von Bedeutung und dies, obwohl der Spieler seinen Klub frühzeitig über seinen Wechselwunsch (und eine entsprechende Präferenz) informiert hat. Dies alles hinterlässt einen zwiespältigen Eindruck, selbst dann, wenn man berücksichtigt, dass ein Klub wie der FC Brügge die maximale Wertschöpfung aus einem derartigen Transfer ziehen möchte. Verständlich auch, dass die aktuelle Verhandlungstaktik seines Arbeitgebers den gebürtigen Chamer verärgert.
Umso mehr, als die beiden Parteien aktuell noch knappe zwei Mio. Euro voneinander trennen, ein vergleichsweise läppischer Betrag, angesichts eines sich anbahnenden Reinerlöses von rund 30 Mio. aus dem Ein- und Verkauf des Schweizer Mittelfeld-Shootingstars. Und trotzdem beissen die Rossoneri in Brügge weiterhin auf Granit. Unverständlich, weil die negative Aussenwirkung dieser Episode potentielle Schwierigkeiten bei der Re-Integration Jasharis noch einmal bei Weitem übertreffen könnte. Oder würde Sie zu einem Klub wechseln, der Ihnen den nächsten Karriereschritt aus purem Eigeninteresse verwehren würde? Insbesondere, wenn Sie im Jahr zuvor erheblichen Anteil an den dessen sportlicher und somit auch wirtschaftlicher Entwicklung hatten (alleine in der CL wurden 61 Mio. Euro eingespielt)? Als talentierter Fussballer mit internationaler Perspektive würde ich es mir künftig sicher zweimal überlegen, ob ich für vor dem Sprung in eine grosse Liga tatsächlich noch einen Zwischenstopp in Brügge einlegen möchte.