Die Zeit ist reif
Es ist fast drei Jahre her, seit Ardon Jashari erstmals zum Kreis der Schweizer Nationalmannschaft gehörte. Im September 2022 kam er im Nations-League-Spiel gegen Tschechien (2:1) zu einem ersten Kürzesteinsatz. Drei Monate nach seinem Debüt durfte Jashari sogar WM-Luft schnuppern. Beim desolaten 1:6 im Achtelfinal gegen Portugal wurde er kurz vor Schluss eingewechselt.
Zu den total zwei Einsatzminuten im Nati-Dress sind seither keine weiteren dazu gekommen. Jashari wurde zwar regelmässig von Murat Yakin aufgeboten, er nahm jedoch stets auf der Ersatzbank Platz. Im Mittelfeld stand ihm grosse Konkurrenz gegenüber. Granit Xhaka, Remo Freuler, Denis Zakaria oder auch Michel Aebischer hatten den Vorzug gegenüber dem aufstrebenden Juwel erhalten, das sich beim FC Luzern als Captain bewährte.
Sein Wechsel zum FC Brügge im letzten Sommer änderte alles. Innerhalb einer einzigen Saison stieg der gebürtige Chamer in eine andere Dimension auf, so dass er nun die Blicke mehrerer europäischer Topklubs auf sich zieht.
In Salt Lake City, wo die Schweiz am Samstag (22.00 Uhr Schweizer Zeit) gegen Mexiko testet, blickt Jashari auf sein erstes Jahr im Ausland zurück. "Ich hatte nicht erwartet, so schnell in die Mannschaft und die Stadt integriert zu werden", sagt der zu seinem Wechsel zum FC Brügge. "Die ersten zwei Monate waren etwas kompliziert für mich in einem neuen Land mit einer neuen Sprache. Aber dann passte alles zusammen, und ich habe schliesslich die Liebe der Fans gewonnen."
Der defensive Mittelfeldspieler absolvierte in der abgelaufenen Saison 52 Spiele, davon stand er 46 Mal in der Startelf und feierte mit dem Cupsieg seinen ersten Titel bei den Profis. Auch in der Champions League sorgte er bei Brügges Achtelfinal-Vorstoss für Aufsehen. Als Krönung seiner aussergewöhnlichen Saison wurde Jashari gleich mehrfach geehrt. Er erhielt nicht nur die Auszeichnung zum besten Spieler und besten Talent der belgischen Liga. Er wurde auch zum Lieblingsspieler der Fans des FC Brügge gewählt.
Anerkennende Worte gibt es auch von Nati-Direktor Pierluigi Tami: "Wir wussten, dass er technisch und physisch gut ist. Aber mit welcher Persönlichkeit er dieses Jahr gespielt hat, ist unglaublich. Er ist ein Spieler, der das Kollektiv besser macht. Mit ihm im Team ist alles einfacher."
Aufgrund der intensiven Saison mit vielen Spielen auf nationaler und europäischer Ebene verzichtete Jashari im März auf den ersten Nati-Zusammenzug dieses Jahres. Einige fragten sich, ob es Differenzen gab mit dem talentierten Linksfuss, der im November 2023 ein Aufgebot für die Schweizer U21 abgelehnt hatte - mit der Begründung, dass sein Platz in der A-Nati sei.
"Diese Episode wurde sowohl von meiner Seite als auch von Seiten des SFV geklärt", sagt der Zuger heute entspannt. "Ich habe mich entschieden, für die Schweiz zu spielen, und bin sehr stolz darauf. Ich habe meine Chance noch nicht bekommen. Aber ich bin mir sicher, dass ich, wenn ich gute Arbeit leiste, eine gute Zukunft in der Nationalmannschaft haben werde."
Jashari wird immer wieder als Nachfolger von Granit Xhaka im Nationalteam bezeichnet. Wie sieht er die Vergleiche mit dem Basler? "Das schmeichelt mir, aber wir sind zwei verschiedene Typen, sowohl auf als auch neben dem Platz", antwortet der 22-Jährige. "Es stimmt allerdings, dass ich eine besondere Beziehung zu Granit habe - auch wenn ich mich mit allen Spielern gut verstehe. Wir sitzen beim Essen oft nebeneinander."
Bevor Murat Yakin Jashari zum Taktgeber im Schweizer Mittelfeld macht, könnte er ihn zuerst an der Seite von Xhaka spielen lassen - gewissermassen als sanften Übergang, bis der Generationenwechsel vollzogen ist. So könnte Jashari seine Entwicklung fortsetzen, die ihn womöglich schneller als erwartet in eine der fünf grossen europäischen Ligen katapultieren könnte.
"Wenn man in der Champions League gegen die besten Mannschaften der Welt gespielt und sich behauptet hat, muss man in der Lage sein, das nächste Level zu erreichen", meint Jashari, der angeblich bei Borussia Dortmund und Manchester City auf dem Zettel steht. "Aber ich habe gerade erst meine erste Saison im Ausland hinter mir. Wenn ich also in Brügge weitermachen müsste, hätte ich nichts dagegen einzuwenden."
Was auch immer im Sommer passieren wird, es spielt keine Rolle, denn es ist klar, dass Jashari eine wichtige Figur in der Schweizer Nationalmannschaft werden muss. Die Zeit des Abwartens ist vorbei.