Für Didi Hamann sind die Gründe für das CL-Aus des FC Bayern vielschichtig. Den oft kritisierten Min-jae Kim nimmt er in Schutz. Die Vereinsführung sieht er in der Pflicht.
Der FC Bayern hat das ersehnte "Finale dahoam" verpasst. Über beide Spiele betrachtet ist Inter Mailand verdient weitergekommen.
Im Rückblick muss man sagen, dass das zweite Gegentor kurz nach Müllers Ausgleich im Hinspiel sehr viel verändert hat. Man hat sich naiv verhalten und sich damit in eine sehr schwierige Ausgangsposition für das Rückspiel manövriert. Und für diesen Fehler haben sie bezahlt.
Über die gesamte Saison gesehen haben die Bayern ab Oktober nur selten guten Fussball gespielt, es wurde sehr viel schöngeredet.
Bayern hat sich von den Siegen gegen Leverkusen blenden lassen
Man hat sich von den beiden Champions-League-Duellen gegen Leverkusen blenden lassen. Bayern hat gegen Bayer zwar sehr gut gespielt, allerdings gegen eine Mannschaft, die in den vergangenen Monaten an ihre Grenzen gestossen ist. Man darf auch nicht vergessen, dass Bayern zuvor in den Playoffs gegen ein international dritt- oder viertklassiges Celtic nur mit viel Glück eine Verlängerung vermieden hat.
Von 14 Champions-League-Spielen hat man vier verloren, die Leistungen waren insgesamt sehr ernüchternd. In der Bundesliga haben sie zwar sechs Punkte Vorsprung, aber es würde auch anders ausschauen, wenn Leverkusen annähernd das Niveau der vergangenen Saison hätte. Selbst wenn Bayern Meister wird, geht die Saison nach Schulnoten allenfalls mit befriedigend bis ausreichend durch.
Alle sportlich verantwortlichen Positionen müssen auf den Prüfstand
Der Anspruch des FC Bayern ist immer, sich mit den Besten zu messen. Nach dem Sieg im Finale 2020 ist man aber nur ein einziges Mal über das Viertelfinale hinausgekommen. Der FC Bayern ist im Moment international nicht gut genug.
Die Vereinsführung muss sich fragen, was falsch gemacht wurde. Alle sportlich verantwortlichen Positionen müssen auf den Prüfstand gestellt werden. Auch die des Trainers. Vincent Kompany hat immer versucht, Harmonie zu schaffen. Aber es hätte viele Möglichkeiten gegeben, einmal den Finger in die Wunde zu legen.
Es wurden einige Momente verpasst, die Spieler in die Pflicht zu nehmen. Nur Kimmich hat mehrmals Selbstkritik geübt, von den Verantwortlichen hat nie einer gesagt, "wenn wir so weitermachen, wird es kein Finale in München geben."
Die Gründe für das Aus sind vielschichtig. Kane hat im Hinspiel zwar gute Chancen vergeben, aber in Mailand hat er sein Tor gemacht. Ich habe Kane immer kritisch gesehen, aber ihm kann man nichts vorwerfen, genauso wenig wie Kim.
Mit Kritik an Kim muss man vorsichtig sein
Durch die Verletzungen von Upamecano und Ito stand der Südkoreaner in der Innenverteidigung im Fokus - und in der Kritik. Er hat Fehler gemacht, aber in einigen Situationen wurde ihm zu wenig von seinen Mitspielern geholfen. Obwohl er seit Längerem an Achillessehnenproblemen laboriert, hat er sich für die Mannschaft aufgeopfert. Unter normalen Umständen hätte er wahrscheinlich in der letzten Zeit nur die wichtigen Spiele gemacht.
Ich glaube, dass Kim ein sehr guter Verteidiger ist, aber wenn ich ihn anschaue, sehe ich einen müden Spieler. Und wenn du müde bist, machst du Fehler. Mich würde nicht wundern, wenn wir ihn für den Rest der Bundesliga-Saison kaum noch oder nicht mehr sehen. Man muss schauen, dass man ihn bis zur Klub-WM im Juni wieder hinbekommt.
FCB vor einem der wichtigsten und spannendsten Transfer-Sommer
Es gibt viel Arbeit für Kompany und auch für Max Eberl. Der kommende Sommer wird für den FC Bayern einer der wichtigsten und spannendsten seit langer Zeit, denn die Mannschaft braucht dringend frisches Blut. Sie braucht Spieler, die etwas verkörpern, einen Typen wie Virgil van Dijk. Aber van Dijk hat gerade seinen Vertrag in Liverpool verlängert.
Ich habe in beiden Partien gegen Inter zwei Weltklassespieler gesehen, beide hatten schwarz-blaue Trikots an. Wenn es eine Möglichkeit gäbe, würde ich Nicolo Barella und Alessandro Bastoni sofort verpflichten.
Bastoni liebt es zu verteidigen. Er wirft sich mit allem, was er hat, in die Bälle und schaltet sich vorne auch immer wieder ein. Barella hat Spielwitz, scheut keinen Zweikampf und macht andere besser.
Von dieser Sorte haben die Bayern momentan zu wenige Spieler.