Josi und Niederreiter trainieren unter Star-Coach
Obwohl Roman Josi und Nino Niederreiter in einem fortgeschrittenen Eishockey-Alter sind, unternehmen sie nach wie vor alles, um sich zu verbessern.
Wenn alles normal läuft, durchbrechen Nino Niederreiter und Roman Josi in der kommenden Saison die Marke von 1000 Partien in der NHL-Qualifikation. In der besten Eishockey-Liga der Welt beziehen sich die Statistiken auf die Spiele in der Regular Season. Daher gehören die beiden offiziell noch nicht zum 1000er-Klub, obwohl sie inklusive Playoffs mehr als 1000 Partien in der NHL bestritten haben. Niederreiter fehlen noch 31 Partien zur magischen Marke, Josi deren 38.
Dass die guten Freunde wohl bald zu diesem illustren Kreis gehören, kommt nicht von ungefähr. Obwohl Josi "schon" 35 Jahre alt ist und Niedereiter im September 33-jährig wird, lassen beide nichts unversucht, sich weiter zu verbessern. Deshalb reisen sie Mitte Juli nach Freiburg in ein Camp von ProKeyCoach, das 2016 von Benoit Pont, dem Berater der Schweizer Eishockey-Nationalmannschaft, gegründet worden ist. Der 50-Jährige hat für La Chaux-de-Fonds, Langnau, Servette und Ambri-Piotta zwölf Saisons in der höchsten Schweizer Liga gespielt.
Die Vision von Pont ist, Spielern - nicht nur im Eishockey - zu helfen, ihr wahres Potenzial abzurufen. Denn jeder Mensch hat Präferenzen, die gezielt gestärkt werden können - auf und neben dem Eis. Das Wissen, wie der Körper funktioniert, hilft auch bei der Regeneration, die gerade so wichtig ist wie das Training.
Für das Camp in Freiburg hat Pont mit Darryl Belfry einen Star-Skills-Coach ins Boot geholt. Der Kanadier hat schon mit Grössen wie Auston Matthews, Nathan MacKinnon, Sidney Crosby oder Patrick Kane zusammengearbeitet. Auch Josi war schon bei ihm in Florida. "Er sieht das Eishockey extrem gut", sagt der Berner Verteidiger.
Dies, obwohl Belfry kein erfolgreicher Eishockeyspieler war. Er ist allerdings jemand, der stets nach Möglichkeiten sucht, sich weiterzuentwickeln. "Ich habe keine Angst zu lernen", sagt er im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Wenn jemand etwas besser könne oder unterschiedlich mache, interessiere er sich sehr dafür, denn jeder Spieler lerne etwas anders. Die wichtigste Fähigkeit, die er sich angeeignet habe, sei, in Videos Details zu sehen, die andere nicht sehen würden. "Das hat lange gedauert."
Stets selber lernen zu wollen, ist für ihn auch bei einem Spieler entscheidend. "Die Besten besitzen am meisten Tools, um Probleme zu lösen", sagt Belfry. Er helfe ihnen dabei, bestmöglich auf die verschiedenen Situationen reagieren zu können. "Es geht darum, den freien Raum zu sehen und diesen den Fähigkeiten entsprechend zu nutzen, um sich so viele Vorteile wie möglich auf dem Eis zu verschaffen. Ein unterschätzter Skill ist, im richtigen Moment Tempo raus zu nehmen. Wir verbringen viel Zeit damit, den Kindern beizubringen, wie sie schneller werden können. Doch manchmal führt schnelles Skaten dazu, sich selber Raum wegzunehmen. Das macht keinen Sinn."
Den Ansatz von Pont findet Belfry spannend. "Ich weiss nicht so viel darüber, bin sehr daran interessiert und freue mich, mehr darüber zu erfahren", sagt er. Am 17. Juli bieten die beiden ein Webinar zum Thema Spielerentwicklung an.
Josi trainiert schon lange zusammen mit Pont. "Es half mir sehr, mich auf eine Art selber kennenzulernen", so der Captain der Nashville Predators. Dadurch sei ihm sein Spiel bewusster geworden, so dass er, wenn er die Chance dazu erhalte, Situationen gezielter steuern könne. In Freiburg wird Josi zwei Tage verbringen. Belfry hat ihm schon Clips geschickt.
"Er hat angeschaut, wann meine schnellen Vorstösse in die gegnerische Zone erfolgreich sind und wann weniger", erzählt Josi. "Es ist super zu wissen, wann ich etwas kreieren kann. Denn in einem Team geht das Individuelle etwas verloren und du verfällst in Muster." Belfry sagt über Josi: Als Verteidiger für die meisten Eintritte seines Teams in die gegnerische Zone verantwortlich zu sein, das sei einzigartig. "Kein anderer spielt wie er."
Bei Niederreiter konzentrierte sich Belfry mehr oder weniger auf den Bereich Höhe Bullykreis bis vor das Tor. Dort sieht er beim Churer Stürmer der Winnipeg Jets noch einiges an Potenzial. Das Ziel ist, dass Niederreiter die Anzahl Schüsse pro Saison - in der vergangenen waren es 175 - auf etwa 210 erhöhen kann. "Er meint, dass das unter anderem mit gewissen Laufwegen relativ einfach sei. Das tönt spannend", sagt Niederreiter gegenüber Keystone-SDA.
Der vierfache WM-Medaillengewinner reist mit seinem Athletiktrainer Michael Bont und einem Skill-Trainer nach Freiburg und verbringt einen Tag mit Belfry und Pont, der ihm schon seit acht Jahren unterstützend zur Seite steht. "Ich kann hoffentlich viel lernen. Die Idee wäre, die dort gemachten Drills in Chur weiterzuführen", so Niederreiter. Zu seinem nach wie vor enormen Ehrgeiz sagt er: "Ich möchte nicht zurückschauen und sagen, nicht alles probiert zu haben."