Mit oder ohne Alisha zur WEURO 2025? Zwei Meinungen!
So langsam gilt es ernst. In zwei Tagen wird Nationaltrainerin Pia Sundhage den vorläufigen Schweizer Kader für die UEFA Women‘s Euro 2025 bekanntgeben. Rund 30 Spielerinnen dürfen sich Hoffnungen machen, ab Montag ins erste Vorbereitungscamp nach Magglingen einzurücken, inklusive Alisha Lehmann? Unsere Redakteure Patrick Y. Fischer und Younes Hdk sind sich nicht einig.
Patrick Y. Fischer sagt: Ja
Es sieht nicht gut aus. Die Chancen, dass mit Alisha Lehmann ausgerechnet die bekannteste Schweizer Fussballerin die Heim-EM verpasst, sind reell. Wer es bislang nicht glaubte, wurde spätestens in der 83. Minute des gestrigen Nations-League-Spiels gegen Norwegen eines Besseren belehrt. Da wurde Stürmerin Lehmann endlich eingewechselt – und schnurstracks auf die Position der rechten Verteidigerin verbannt.
Weshalb, dürfte das Geheimnis von Nationaltrainerin Sundhage bleiben. Denn eine gelernte Stürmerin in einem Must-Win-Spiel bei Rückstand als Verteidigerin einzuwechseln, entspricht grundsätzlich nicht dem natürlichen Impuls. Und doch entspricht dieser Entscheid auch einer gewissen Logik. Denn Alisha Lehmanns Karriere in der Nationalmannschaft verlief zuletzt alles andere als unfallfrei.
Natürlich, die 26-Jährige gehört rein sportlich nicht zu den wichtigsten Eckpfeilern der Schweizer Elf. Und ja, sie polarisiert zuweilen mit ihren Auftritten und der unverblümten Eigenvermarktung via Social Media. Und doch gehört „alishalehmann7“ mittlerweile seit längerer Zeit zum bewährten Kreis jener Schweizer Kickerinnen, die sich in einer europäischen Top-Liga bewährt haben. Nach sechs Jahren in England (West Ham, Everton, Aston Villa) absolvierte sie soeben ihre erste Saison in der Serie A (14 Spiele, zwei Tore), holte sich mit dem italienischen Giganten Juventus (sechs Titel in den letzten acht Jahren) das Double.
Ihr Problem: In der entscheidenden Meisterschaftsphase kam die Bernerin nur noch sporadisch zum Einsatz. Das können sich im aktuellen Schweizer Kader vielleicht eine Lia Wälti oder eine Ramona Bachmann erlauben, Lehmann jedoch kann dies nicht. Verständlich wenn es darum geht, die ersten Elf für die bevorstehende Europameisterschaft zu bestimmen. Zumindest verwunderlich im Konkurrenzkampf für die Plätze 19-23 im EM-Kader, um die Lehmann aktuell mit einer ganzen Reihe von jüngeren und weitaus weniger dekorierten Spielerinnen zu kämpfen scheint.
Schlussendlich geht es vor einer potentiell wegweisenden Heim-EM doch darum, das Turnier mit den besten, erfahrensten und bewährtesten Kräften zu bestreiten. Zu diesen gehört Alisha Lehmann (59 Länderspiele, acht Tore) meiner Meinung nach, insbesondere in einem Team, in dem absolute Überspielerinnen fehlen und zahlreiche jüngere Talente noch nicht ganz so weit sind. Möglicherweise kommt auch der Schweizer Staff noch zu dieser Einsicht (oder hat sie heimlich bereits gewonnen). Ansonsten wird der grösste Event in der Geschichte des Frauenfussballs in diesem Land ohne seine bekannteste Protagonistin auskommen müssen.
Younes Hdk sagt: Nein
Stil oder Follower schiessen keine Tore – und sie gewinnen auch keine Titel. Was zählt, sind harte Arbeit und Bescheidenheit. Alisha mangelt es weder an Stil noch an Followern – dafür aber eklatant an Demut und Arbeitseifer. Genau das hat sie letztlich auf die Bank der Juventus befördert, obwohl sie als „Star-Neuzugang“ gefeiert wurde.
Im Jahr 2025 hat sie lediglich 222 von möglichen 1.620 Spielminuten absolviert – eine klägliche Bilanz, die Fragen aufwirft: Ist Alisha überhaupt noch Fussballerin oder nur noch Influencerin? Ein EM-Turnier ist anspruchsvoll, mit starker Konkurrenz – da setzt man lieber auf Spielerinnen mit Selbstvertrauen und Spielrhythmus, auch wenn sie bei einem weniger renommierten Verein spielen als Juventus, Alishas aktuellem Klub.
Wir kommen gerade aus einer Saison, in der der PSG – ein Team, das den Zusammenhalt über alles stellt, in dem keine Einzelspieler herausragt und der Fokus ausschliesslich auf dem Platz liegt – Europa mit seinem Talent begeistert hat. Es wäre klug, sich daran ein Beispiel zu nehmen und den Teamgeist an erste Stelle zu setzen.