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Overkill oder Benefit? Zwei Meinungen zur neuen FIFA Klub-WM

In der Nacht auf Sonntag ist es soweit: Die neue FIFA Klub-Weltmeisterschaft feiert nach umfassenden Reformen ihre Premiere. Mit 32 Teams, die während eines Monats um ein Preisgeld von insgesamt einer Milliarde US-Dollar spielen. Doch ist das Turnier für den Fussball auch wirklich ein Gewinn? Unsere Redakteure Younes Hdk und Patrick Y. Fischer sind sich nicht einig.

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Premiere zum Abschied: Thomas Müller spielt an der neuen FIFA Klub-WM zum letzten Mal für die Bayern © IMAGO / Sven Simon

Younes Hdk sagt: Ja

Glücklicherweise musste Jules Rimet nicht mit der heutigen Welt des Fussballs zurechtkommen. Sonst hätten wir die grösste Fussballveranstaltung aller Zeiten verpasst: die FIFA-Weltmeisterschaft. Ganz zu schweigen von der französischen Zeitung L’Équipe, die den Vorläufer der Champions League ins Leben rief, ohne dass es jemanden wirklich interessierte. Heute ist jenes Format der (bei weitem) beliebteste Wettbewerb weltweit. Aber wir leben in einer Zeit, in der jede Neuerung sofort kritisiert wird. Unter diesen Bedingungen ist es sehr schwierig, Innovationen zu schaffen.

Das Hauptargument, das immer wieder von den Kritikern der Klub-Weltmeisterschaft genannt wird, ist, dass es viel zu viele Spiele gäbe. Aber wer ist für dieses höllische Tempo verantwortlich? Wie Rummenigge völlig zu Recht angemerkt hat, ist die Zunahme der Anzahl an Spielen eine direkte Folge des Bedürfnisses der Vereine, ihre Einnahmen zu steigern. Seit einigen Jahren haben alle Fussballvereine mit grossen wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu kämpfen, die vor allem durch den riesigen Appetit der Fussballspieler verursacht werden. Wenige Bereiche haben in den letzten Jahren eine so starke Inflation erlebt wie der Fussball. Der bestbezahlte Spieler der 2000er Jahre verdiente etwa 14 Millionen Euro pro Jahr, während dieser Betrag heute nahe bei 35 Millionen Euro pro Jahr liegt. Wenn die Spieler bei Vertragsverhandlungen nicht so gierig wären, müssten die Vereine möglicherweise nicht noch mehr (profitable) Spiele aufeinanderstapeln, um einer Insolvenz zu entkommen. Wie das Sprichwort sagt: „Ohne Fleiss, kein Preis“. 

Ausserdem darf man nicht vergessen, dass vor weniger als vier Jahren eine Gruppe grosser Vereine versuchte, eine Super League zu gründen, weil seriöse Studien gezeigt hatten, dass das Interesse am Fussball stark zurückging. Ja, der Fussball begeistert immer weniger – was also tun? Ihm einen neuen Impuls geben oder ihn langsam sterben lassen? Gianni Infantino hat sich für die erste Lösung entschieden. Der Fussball braucht mehr wettbewerbsfähige und… NEUARTIGE Spiele. Was könnte also neuartiger sein, als Vereine aus aller Welt in einem höchst wettbewerbsfähigen Rahmen gegeneinander antreten zu sehen? Es ist durchaus faszinierend, die Unterschiede im Niveau und Stil zwischen afrikanischem, asiatischem und südamerikanischem Fussball zu messen. In den letzten Jahren gab es viele Fragen zum Niveau der Saudi Pro League oder der MLS – nun werden wir endlich Antworten bekommen!

Natürlich, es mag zu viele Spiele im modernen Fussball geben, aber wenn man welche weglassen müsste, dann eher die (vielen) Wettbewerbe ohne wirklichen Wert, wie die Nations League, die Supercups oder die Sommerturniere, deren Existenzberechtigung mir weitaus fraglicher erscheint, als die der neuen FIFA Klub-Weltmeisterschaft. Was ist besser – ein River Plate gegen Real Madrid oder ein Real gegen Bilbao? Ein Bayern gegen Stuttgart oder ein Bayern gegen Boca Juniors? Aus meiner Sicht, wie ihr euch sicher denken könnt, ist die Wahl schnell getroffen.

 

Patrick Y. Fischer sagt: Nein

Hurra, die FIFA Klub-WM ist da – sagt zumindest der Weltfussballverband um Präsident Gianni Infantino, dessen Prestigeprojekt in der Nacht auf Sonntag seine nicht ganz so sehnlichst erwartete Premiere feiert. Denn sind wir ehrlich: So spannend die Idee eines Turniers der besten Klubteams der Welt auf den ersten Blick erscheinen mag, so herausfordernd gestaltet sie sich in der Umsetzung.

Das sieht man nur schon daran, dass das relativ kurzfristig angesetzte Turnier eigentlich gar nicht in den Spielkalender passt. Nach Nations-League-Finalturnier und finalen Nationalmannschaftstermin findet das im Vergleich zu vorher viermal grössere Turnier nun vom 15. Juni bis 13. Juli statt. In einem Zeitraum also, der zwei Vertragsperioden sowie ein entsprechendes Transferfenster berührt. Das führt zur ungewohnten Situation, dass ein Xabi Alonso nach einer kompletten Spielzeit bei Bayer Leverkusen nun plötzlich an Reals Seitenlinie stehen wird und Aushängeschilder wie Thomas Müller nur deshalb noch für ihre Teams auflaufen können, weil die FIFA in der Not ein spezielles „Zwischentransferfenster“ (vom 1. bis 10. Juni) ins Leben gerufen hat. Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass das Turnier für nahezu sämtliche Spieler und Trainer zu einem Zeitpunkt erfolgt, in dem sie sich eigentlich erholen müssten oder im besten Fall langsam wieder mit dem Aufbau für die kommende Saison beginnen. Sportliche Höchstleistungen können so kaum erwartet werden.

Erst Recht, wenn es einem Turnier wie der Klub-WM ohnehin seit jeher an sportlicher Bedeutung und Ausstrahlung mangelt. Grosse Namen und überschaubarer Wettbewerb sind nun mal kein Konzept, dass bei Fans durchschlagenden Erfolg verspricht. Dass die Ticketverkäufe den Erwartungen hinterherhinken, hat jedoch nicht nur damit zu tun, das die sportliche Relevanz des Turniers nicht über alle Zweifel erhaben ist. Genauso ins Gewicht fällt die Tatsache, dass es meiner Meinung nach selbst in der Weltsportart Fussball an globalen Rivalitäten auf Klub-Niveau fehlt. Im besten Fall entstehen diese wie bei der mittlerweile fast 100 Jahre alten WM über Jahrzehnte hinweg, wobei man auch hier ehrlich sein muss: Ein hypothetisches Duell zwischen der Schweiz und Neuseeland versprüht genauso wenig Glanz wie die für Sonntag angesetzten Eröffnungspartien zwischen Al Ahly und Inter Miami oder das Duell zwischen Bayern und Auckland City.

Und so muss man sich am Ende einfach fragen: Wer genau braucht den eigentlich die Klub-WM, wenn nicht unbedingt die Fans und schon gar nicht die betroffenen Spieler und Staffs? Vermutlich nur der eine oder andere Klub sowie natürlich die FIFA selbst, die versucht, künftig ein noch grösseres Stück vom Sport-Entertainment-Kuchen für sich und ihre Mitglieder zu gewinnen. Wobei hier die Rechnung bislang noch nicht wie erhofft aufgeht. Angesichts schleppender Ticketverkäufe und eher bescheidenem Interesse auf dem TV-Markt war der Weltverband froh, vergangene Woche mit dem Saudi-Arabischen Staatsfonds PIF einen neuen Sponsor präsentieren zu können. Der selbe Fonds, übrigens, der sich über eine Tochterfirma mutmasslich auch an der internationalen Vergabe der Übertragungsrechte beteiligte (und somit Geld in die FIFA-Kassen spülte). Immerhin bei den Saudis scheint die Premiere der FIFA Klub-WM also gut anzukommen.

 

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