Der FC Bayern will den Shootingstar, doch der VfB lässt sich auch mit einem 50-Millionen-Angebot nicht locken.
Von Anja Wöhrer
Nick Woltemade will nach Bayern? Woltemade ist in Bayern! Zwar nicht beim deutschen Rekordmeister in München, dafür aber in Rottach-Egern am Tegernsee. Im 5.800-Seelen-Ort hat der VfB Stuttgart sein Trainingslager aufgeschlagen.
Wo eigentlich ein Panoramablick auf den idyllischen See sein sollte: am Montagmittag graue Wolken und Nieselregen. An diesem verregneten Juli-Tag zieht dann auch noch der Woltemade-Wirbel über Rottach-Egern hinweg. Nachdem die Schwaben auch das zweite Angebot der Bayern in Höhe von 50 Millionen Euro plus fünf Millionen Boni abgelehnt haben, bleibt es vorerst dabei: Nick Woltemade trägt den Brustring - und fährt mit ins Trainingslager.
13:40 Uhr: Der VfB-Bus rollt am Teamhotel vor. Nachdem Trainer Sebastian Hoeness und Teamkollegen wie Jeff Chabot und Maximilian Mittelstädt ausgestiegen sind, tritt auch der 1,98-Hüne in den bayerischen Nieselregen. Eine schwarze Cap ins Gesicht gezogen.
"Das ist er, oder?", hört man einen Journalisten rufen. Das Phänomen Woltemade: Heiss begehrt, hoch talentiert und doch ging der Aufstieg zum Shootingstar so schnell, dass seine Erscheinung noch nicht jedem bekannt ist. Am Hoteleingang angekommen, nimmt sich der 23-Jährige kurz Zeit für Autogramme und Fotos mit Fans.
Training vor verhangenem Bergpanorama: Woltemade grüsst schüchtern
16:45 Uhr: Das erste Training steht an. Kulisse: erneut nass-grau. Am Sportplatz des FC Rottach-Egern - seines Zeichens Kreisklassist - versuchen sich die mitgereisten Fans unter Markisen und Sonnenschirmen trocken zu halten. Einzig der Geruch nach Bratwurst, der vom Grill des Vereinsheims über die Terrasse weht, sorgt für etwas sommerliche Fussball-Stimmung. Dann endlich: Die Spieler kommen auf den Platz. Wieder lässt der U21-Star einen Grossteil seiner Kollegen vorausgehen, bis er schliesslich selbst in den Regen tritt. „Woltemade!" ruft ein Kind. Etwas schüchtern winkt der Shootingstar seinen Fans zu.
17:00 Uhr: Die Spieler drehen ihre Runden auf dem Platz. Vorausgehen scheint nicht zu Woltemades Lieblingsbeschäftigungen zu gehören. Er hält sich wieder im hinteren Teil des VfB-Pulks. Aus Nieselregen wird Platzregen. Man könnte fast meinen, das Wetter will dem Stürmer zeigen, was einen guten Sturm in Bayern ausmacht: schnell, unnachgiebig, treffsicher - ein richtiger Harry Kane eben.
Nick Woltemade: Der Sportwagen des VfB Stuttgart
Zurück zu den Fans unter den klatschnassen Sonnenschirmen. Was hält man da vom verrückten Woltemade-Poker? "Der Spieler hat sicher seinen Wert. Aber irgendwann muss man auch sagen: Jetzt ist mal gut, entweder man macht es oder man lässt es bleiben", meint ein Fan leicht genervt vom bayrisch-schwäbischen Hin und Her.
Ein anderer erklärt selbstsicher: "Die Bayern sollen zahlen. Das ist, wie wenn ich zum Porsche-Händler gehe und sage: 'Ich will einen GT3, aber da zahle ich nur 50.000 Euro für.' Dann sagt Porsche auch nicht: 'Ja, klar, das machen wir. Und es gibt noch einen Tankgutschein und 30 Jahre Garantie obendrauf.'"
Nick Woltemade - der GT3 des VfB. Zumindest auf der Porschewebsite sind die Preise klar: 510 PS, in 3,4 Sekunden von null auf hundert kosten da mindestens 209.000 Euro - drunter gibt's nichts.
