Yann Sommer kann Inter nicht zum Champions-League-Titel hexen
Yann Sommer wollte eine Lücke in seinem Palmarès schliessen, stattdessen erlebt er mit Inter Mailand einen Champions-League-Final zum Vergessen.
Fast hätte er es geschafft. Fast wäre Yann Sommer an der Journalistenschar vorbei geschlichen gewesen, ohne noch irgendwelche Fragen beantworten zu müssen. Doch dann ruft ihn ein Schweizer zu sich. Und Yann Sommer ist auch an diesem Abend in München, an dem er eine der grössten Niederlagen seiner Karriere hat einstecken müssen, so wie Yann Sommer halt immer ist. Freundlich, zuvorkommend, besonnen.
Es ist keine tiefgreifende Analyse, die der 36-Jährige dann ins Mikrofon diktiert, aber wahrscheinlich reicht nach einer Partie, wie es dieser Champions-League-Final gegen Paris Saint Germain eine war, auch schlicht die Erkenntnis: "Sie waren heute einfach besser als wir."
Von der ersten Sekunde an hatte die Equipe von Luis Enrique Inter Mailand unter Druck gesetzt, hatte das Spiel der Italiener gar nicht erst zur Entfaltung kommen lassen. Und nach 20 Minuten hatte Sommer, der in dieser Saison öfters als jeder andere Torhüter in der Champions League ohne Gegentreffer geblieben war (7-mal), den Ball schon zweimal aus dem Netz holen müssen.
Nicht, weil der frühere Schweizer Nationaltorhüter an alter Wirkungsstätte der Münchner Allianz Arena nicht an sein gewöhnliches Rendement gekommen wäre – die Angriffe der Franzosen rollten aber in derartiger Kadenz auf Sommer zu, dass sich die Abwehr der Italiener Mal für Mal unsortiert präsentierte – nicht zuletzt bei den schnellen Gegenstössen von Ousmane Dembélé auf der einen und Désiré Doué auf der anderen Seite.
Der 19-Jährige war mit einer Vorlage und zwei Treffern so etwas wie der Mann des Spiels für PSG. Eine Ehre, die auch Sommer hätte zuteilwerden können, wären die Nerazzurri mit einem ähnlichen Selbstverständnis auf dem Feld gestanden, das sie in der K.o-Phase der Champions League nicht nur Barcelona, sondern mit Bayern München ein weiteres Schwergewicht hat ausschalten lassen.
"Magico Yann Sommer" hatten die Tifosi ihrem Goalie immer wieder attestiert, nachdem er die gegnerischen Offensivspieler mit seinen Paraden zur Verzweiflung getrieben hatte. Doch zum Zaubern kam Sommer in diesem Final nicht. "Wir haben alles vermissen lassen, was wir in den letzten Wochen gut gemacht haben", sagt er und meint damit die Raumaufteilung, die Arbeit gegen den Ball, die Umschaltphasen.
Im Vorfeld hatte der Zürcher gesagt, dieses Spiel sei das wichtigste in seiner Karriere. Weil es ihm die Chance bot, eine Lücke in seinem eindrücklichen Palmarès zu schliessen. Diejenige nämlich des internationalen Titels. Dass ihm dies nicht gelungen ist, nagt an ihm. "Es ist sehr enttäuschend, aber ich versuche stolz darauf zu sein, was wir in dieser Saison geleistet haben, wie wir überhaupt bis hierhin gekommen sind." Denn eigentlich habe Inter eine sehr gute Saison gespielt, konstatiert Sommer. "Aber es fehlen uns die Titel, das ist klar."
Natürlich bleibt es auf so einer globalen Bühne, wie sie die Champions League Jahr für Jahr bietet, nicht lange bei einem lockeren Schwatz unter Landsleuten. Und so wird die Menschentraube um Sommer im Bauch der Arena immer grösser. In stickig heissem Klima werden die Ellenbogen nun ebenso ausgefahren wie die Kamerastative.
Und Sommer hört eine Frage, die mit zunehmendem Alter in der Frequenz tendenziell nicht abnimmt. Ob er denn bei Inter Mailand bleibe, und ob er der Mannschaft zutraue, noch einmal um einen europäischen Titel zu spielen. Er, dessen Vertrag bei Inter noch ein Jahr gültig ist, erwidert, wie wohl er sich in Mailand fühle und wie er absolut das Vertrauen habe, dass die Mannschaft wieder mit den Besten Europas werde mithalten können.
Natürlich sagt er das. Alles andere wäre überraschend gewesen. Und doch ist ihm anzumerken, wie froh er darüber ist, dass er nun endgültig von dannen ziehen kann. Der Teambus wartet nur wenige Meter hinter ihm. Der Motor läuft schon.